Gekündigter Mieter findet keine Ersatzwohnung: Wann ist eine Räumungsklage zulässig?

Gekündigter Mieter findet keine Ersatzwohnung...

Eigenbedarfskündigungen werden von Mietern oft angegriffen. Doch was, wenn der Mieter die Kündigung dem Grunde nach akzeptiert, aber nicht rechtzeitig eine neue Wohnung zu finden droht? Kann man dann schon vor dem Ablauf der Kündigungsfrist eine Räumungsklage anstrengen, um einen rechtzeitigen Auszug zu erreichen? Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt entschieden.

Eigenbedarfskündigungen werden von Mietern oft angegriffen. Doch was, wenn der Mieter die Kündigung dem Grunde nach akzeptiert, aber nicht rechtzeitig eine neue Wohnung zu finden droht? Kann man dann schon vor dem Ablauf der Kündigungsfrist eine Räumungsklage anstrengen, um einen rechtzeitigen Auszug zu erreichen? Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt entschieden.

Karlsruhe. Wenn ein gekündigter Mieter dem Vermieter Anlass zu der Befürchtung gibt, dass er die Wohnung nicht fristgerecht räumen wird, kann eine Räumungsklage auch schon vor dem Ablauf der Kündigungsfrist möglich sein. Es kommt dann eine Klage auf zukünftige Leistung nach § 259 Zivilprozessordnung (ZPO) in Frage. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, wie jetzt bekannt wurde (Beschluss vom 25.10.2022, Az.: VIII ZB 58/21).

Das Urteil fiel im Rechtsstreit um eine Mietwohnung in Lübeck. Die Vermieter hatten dem Mieter im Juni 2020 eine Eigenbedarfskündigung zum 31. März 2021 ausgesprochen. Der Mieter akzeptierte die Kündigung und begann nach seiner Darstellung gleich mit der Suche nach einer neuen Bleibe – allerdings blieb diese Suche ein halbes Jahr lang erfolglos. So widersprach der Mieter im Januar schließlich der Kündigung, weil ihm die Obdachlosigkeit drohe.

Mieter akzeptierte Kündigung, fand aber keine neue Wohnung

Darin sah er eine unzumutbare Härte begründet. Die Vermieter werteten das als Signal des Mieters, nicht ausziehen zu wollen. Sie erhoben im Februar Räumungsklage. Im Nachhinein betrachtet wäre das nicht nötig gewesen: Der Mieter fand kurzfristig doch noch eine Wohnung und gab die bisherige Bleibe fristgerecht am 31. März 2021 an seine Vermieter zurück. Daraufhin erklärte man die Räumungsklage für erledigt. Jetzt entbrannte jedoch Streit um die bis dahin entstandenen Kosten des Verfahrens.

Das Amtsgericht Lübeck entschied, der Mieter müsse die Kosten tragen. Der wehrte sich dagegen und bekam vor dem Landgericht Lübeck Recht. Letzteres meinte nämlich, vor dem Ablauf der Kündigungsfrist hätten die Vermieter keine Räumungsklage erheben dürfen. Da der Mieter in diesem Fall die Eigenbedarfskündigung als solche gar nicht angegriffen und seine Pflicht zur Räumung der Wohnung nie bestritten hatte, hätte man davon ausgehen müssen, dass er grundsätzlich zum Auszug bereit war.

War die Räumungsklage vor Fristablauf zulässig?

Deswegen sei eine verfrühte Räumungsklage unter Berufung auf den Paragraphen 259 ZPO nicht zulässig. Dagegen zogen die Vermieter vor den Bundesgerichtshof (BGH). Und sie bekamen Recht. Die Bundesrichter stellten klar: Wenn die Sachlage im konkreten Fall die Sorge rechtfertigt, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen möchte, ist eine Klage auf zukünftige Leistung nach § 259 ZPO ausnahmsweise möglich.

Das sei im vorliegenden Fall auch gegeben gewesen, obwohl der Mieter seine Räumungspflicht nicht bestritt. Als er der Kündigung widersprach, hatte der Mieter nach Ansicht des BGH eindeutig zu verstehen gegeben, dass er nicht ausziehen will, wenn seine Wohnungssuche weiterhin erfolglos bleibt. Das reichte nach Ansicht der Karlsruher Richter aus, um die Sorge der Vermieter zu begründen, dass der Mieter nicht fristgerecht ausziehen könnte. Ob hinter dem Verhalten des Mieters böser Wille steht oder nicht, sei unerheblich.

BGH: Vermieter durfte zu verfrühter Räumungsklage greifen

Daher durften die Vermieter schon vor Fristablauf Räumungsklage erheben. Die Rechte des Mieters blieben gewahrt, betonte der BGH: Schließlich müssen die Gerichte beim Räumungsverfahren prüfen, ob die Kündigung rechtens war und ob eventuell ein Härtefall vorliegt. Wenn der Mieter vorträgt, seine Suche nach einer neuen Wohnung sei erfolglos und ihm drohe die Obdachlosigkeit, müssten die Gerichte auch das in ihre Abwägung einbeziehen.

Auf solche Verzögerungen bei der Wohnungssuche könnte dann beispielsweise auch dadurch reagiert werden, dass man dem Mieter eine Räumungsfrist einräumt. Vor diesem Hintergrund hat der BGH das Urteil des Landgerichts aufgehoben und den Fall dorthin zurück verwiesen. Es muss den Fall jetzt erneut prüfen und ein neues Urteil darüber fällen, wer hier die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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